Am Freitag, den 30. Juli 1999, kam es gegen 21 Uhr zu einem verheerenden Brand im Wohn-und Pflegeheim der Barmherzigen Brüder in Algasing. Bei dem Unglück kamen zwei Personen ums Leben, viele weitere wurden verletzt.
Der Brand war zu dem Zeitpunkt einer der dramatischsten in der jüngeren Landkreishistorie und sorgte im Nachgang für einige Änderungen im Feuerwehrwesen des Landkreises Erding.
Die wohl bedeutendste Änderung für die Feuerwehr Eibach war die kurz darauffolgende Aufrüstung auf ein neues Tragkraftspritzenfahrzeug-Wasser (TSF-W) sowie der Ausstattung mit Atemschutzgeräten (2000).
Nachfolgend haben wir einige Bilder und Zeitungsberichte des Brandunglücks zusammengetragen.
(Wir verweisen explizit darauf, dass die Feuerwehr Eibach weder Urheber noch Eigentümer des nachfolgenden Inhalts ist. Die jeweiligen Quellenangaben sind zu beachten.)
Artikel aus dem Dorfener Anzeiger vom Samstag, 31. Juli 1999
Brandkatastrophe in Algasing: 30 Menschen verletzt – Mehrere Tote?
Verheerendes Feuer im Kloster Algasing der Barmherzigen Brüder – Der ganze Landkreis im Einsatz
Algasing (ar / ad)
Bei einer der schwersten Brandkatastrophen in den letzten Jahrzehnten sind gestern im Pflegeheim der Bramherzigen Brüder in Algasing mindestens 30 Menschen schwer verletzt worden, drei davon wurden reanimiert. Sämtliche im Landkreis Erding verfügbaren Feuerwehren, Ärzte und Rettungskräfte wurden für die Menschenrettung und Brandbekämpfung herangezogen.
Kurz nach 21 Uhr lief bei der Polizeiinspektion Dorfen der Notruf ein, dass es im Pflegeheim brennt. Nach Eintreffen der ersten Feuerwehren wurde Großalarm ausgelöst. Sämtliche im Landkreis verfügbaren Feuerwehren, Ärzte und Rettungskräfte sowie die Flughafenfeuerwehr wurden zum Einsatzort geschickt. Insgesamt waren rund 250 Einsatzkräfte vor Ort, um Menschenleben zu retten und den Brand zu bekämpfen.
Das Feuer ist vermutlich im ersten Stock in einem der Wohnheime ausgebrochen und breitete sich rasch aus. In dem vom Brand betroffenen Gebäudetrakt waren vermutlich lauter Schwerstbehinderte untergebracht. Die Feuerwehren konnten nur unter Einsatz von schwerem Atemschutz in das Gebäude eindringen.
Am Einsatzort müssen sich dramatische Szenen abgespielt haben. Während zunächst von einem Toten und drei Schwerverletzten die Rede war, hieß es wenig später, alle im Haus befindlichen Personen seien gerettet. Dies wurde kurze Zeit später wieder revidiert. Zum Redaktionsschluss ging die Einsatzleitung von drei klinisch Toten, die reanimiert wurden, und 27 verletzten Heimbewohnern aus. Die zum Teil offenbar schwer brandverletzten Personen wurden mit Rettungswägen und Hubschraubern in Spezialkliniken gebracht.
Artikel aus dem Dorfener Anzeiger vom Montag, 02. August 1999
Brandkatastrophe im Pflegeheim fordert ein Todesopfer – Schwierige Rettung
Ein Heimbewohner noch in Lebensgefahr – 22 Verletzte – Feuerwehr fordert bessere Ausrüstung
Algasing (fis / ar)
Die schreckliche Brandkatastrophe im Kloster der Barmherzigen Brüder Algasing am vergangenen Freitag hat bislang ein Todesopfer gefordert. Dabei handelt es sich um den 62-jährigen Heimbewohner Wilhelm S., der in der Nacht zum Samstag seinen schweren Verletzungen im Bogenhausener Klinikum erlegen ist. Ein weiterer Heimbewohner schwebt nach den Angaben der Kripo noch in akuter Lebensgefahr.
Weiteren 22 Personen, die bei dem Feuer verletzt wurden, geht es laut Polizei „den Umständen entsprechend wieder gut“. Ein 44-jähriger Wachdienstleiter des Pflegeheims und ein Feuerwehrmann erlitten bei den Rettungsversuchen schwere Rauchvergiftungen.
Der Brand ist ersten Erkenntnissen der Polizei zufolge gegen 21 Uhr ausgebrochen. Ein Heimbewohner hat kurze Zeit später über Zimmerruf das Pflegepersonal gerufen. Bereits beim Verlassen des Wachzimmers bemerkte das Pflegepersonal dicke Rauchschwaden. Nach der Alarmierung der Polizei begannen die Pflegekräfte sofort mit der Rettung der Heimbewohner.
Zur Menschrettung und Brandbekämpfung wurden von der Einsatzzentrale der Polizeidirektion Erding die Feuerwehren aus Dorfen, Taufkirchen, Hausmehring, Eibach, Grüntegernbach, Zeilhofen, Erding, Altenerding, Isen, Wartenberg, Wasentegernbach, Moosen und die Flughafenfeuerwehr alarmiert. Insgesamt waren am Brandort über 250 Feuerwehrmänner im Einsatz. Zur Rettung der Heimbewohner mussten die Wehrmänner schwerstes Atemschutzgerät einsetzen. Zudem rückten 20 Fahrzeuge des Roten Kreuzes sowie ein Großraumrettungswagen mit etwa 60 Sanitätern und zehn Notärzten an. Die Polizei war mit 30 Beamten aus Dorfen, den umliegenden Inspektionen und der Erdinger Kriminalpolizei am Einsatz beteiligt.
Als erstes traf die benachbarte Eibacher Feuerwehr am Einsatzort ein, die aber über keine Atemschutzgeräte verfügt. Dies hat der Dorfener Kommandant Stefan Beham kritisiert: „Wir müssen Lehren aus dieser Tragödie ziehen und uns deutlich verbessern.“ So sei eine bessere Ausrüstung auch der Ortsfeuerwehren mit Atemschutzgeräten notwendig.
Für die lebensgefährlich verletzten Heimbewohner wurde ein Hubschrauberlandeplatz eingerichtet, von wo aus diese in Münchner Spezialkliniken geflogen wurden. Zur Erstversorgung der Verletzten nutzten die Rettungskräfte ein Gartenhaus. Insgesamt konnten die Feuerwehren alle 27 eingeschlossenen Personen aus dem Feuer befreien. Ihnen mussten wegen der starken Rauchentwicklung sogenannte Fluchthauben übergezogen werden, um einer Vergiftung durch toxische Gase vorzubeugen.
Die Rettung gestaltete sich laut Kommandant Beham kompliziert. Das Pflegepersonal habe zuerst die Schlüssel besorgen müssen, um in die Räume der „empfindlichsten Abteilung“ mit überwiegend schwerstbehinderten Patienten vordringen zu können. Die Räume hätten dann erst einmal entraucht werden müssen, um mit der Menschenrettung beginnen zu können.
Laut Angaben der Polizei ist der Brand im Flur des ersten Stockes ausgebrochen. Eine dort befindliche Couch dürfte dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit die Brandausbruchsstelle gewesen sein. Der Schaden wurde von der Kripo auf eine halbe Million Mark beziffert.
Die Zusammenarbeit, insbesondere die Einsatzkoordination im Flughafenbus mit Rettungskräften, Notärzten, Feuerwehren und Polizei habe, so Beham, „hervorragend funktioniert“.
Artikel aus dem Dorfener Anzeiger vom Montag, 02. August 1999
Von der Realität überholt
Kommentar “Zum Tage” von Anton Renner
Seit fast einem Jahr tüftelt der Dorfener Stadtrat an einem neuen Konzept für die Feuerwehren der Stadt. Wichtiger Punkt darin: die Eibacher Feuerwehr soll wegen der Nähe zum Pflegeheim der Barmherzigen Brüder ein neues Einsatzfahrzeug erhalten, das auch mit schwerem Atemschutz ausgestattet ist. Die Brandkatastrophe von Algasing hat in aller Realität gezeigt, wie notwendig eine derartige Anschaffung ist.
Die Eibacher Floriansjünger waren als erstes am Einsatzort, konnten aber bis zum Eintreffen der Dorfener Stützpunktfeuerwehr mangels Atemschutzgeräten nicht viel machen. So verstrichen wertvolle Minuten, die gerade bei Menschenrettung so wichtig sind.
Artikel aus dem Dorfener Anzeiger vom Donnerstag, 05. August 1999
Ein Heimbewohner legte das Feuer
Brand in Pflegeheim geklärt – Zweites Todesopfer
Algasing (ar)
Die schreckliche Brandkatastrophe im Pflegeheim der Barmherzigen Brüder vom vergangenen Freitag hat ein zweites Todesopfer gefordert. Am Dienstag abend erlag der 48-jährige Andi S. im Schwabinger Krankenhaus seinen schweren Verletzungen. Geklärt ist jetzt auch die Brandursache. Das Feuer wurde von einem Heimbewohner gelegt. Er wurde von der Kripo in Untersuchungshaft genommen.
Das Provinzialat der Bayerischen Ordensprovinz der Barmherzigen Brüder hat gestern Angehörigen und Freunden der zwei durch die Brandkatastrophe um Leben gekommenen Heimbewohner ihr Mitgefühl ausgesprochen. Die Ordensleitung machte auch deutlich, dass man sich die Frage stelle, ob und wie dieses Unglück hätte verhindert werden können. Schließlich sei im Kloster Algasing der Brandschutz immer „sehr ernst genommen“ worden. So etwa durch ständig wiederkehrende Übungen mit Betreuern, Heimbewohnern und der Feuerwehr.
Dennoch werde man nach Verbesserungen suchen, um Schwachstellen auszumerzen, wie Verwaltungsleitet Erwin Giller gestern gegenüber dem Dorfener Anzeiger sagte.
Bestätigt hat Giller, das in dem vom Brand betroffenen Gebäude keine Rauchmelder installiert waren. Dies sei auch problematisch, da viele Heimbewohner rauchen würden und es dadurch ständig zu Fehlalarmen komme. Zudem seien die Heimbewohner in der geschlossenen Abteilung in einem Altbau untergebracht, in denen – anders als bei den Neubauten – keine Brandmeldeanlagen vorgeschrieben und installiert seien.
Der behinderte Heimbewohner hat das Feuer wohl kurz nach dem Schichtwechsel des Pflegepersonals gegen 20 Uhr gelegt. Er zündete eine Couch der Wohngruppe im ersten Stock an. Aufgrund der enormen Rauchentwicklung muss der Brand längere Zeit gewütet haben, bevor er entdeckt wurde. Der 42-jährige, der bei dem Brand selbst leicht verletzt wurde, ist Angaben der Polizeidirektion Erding zufolge festgenommen worden. Er hat bereits zugegeben, das Feuer gelegt zu haben. Über das Motiv ist noch nichts bekannt. Der Haftrichter erließ einen Unterbringungsbefehl.
Das Provinzialat machte deutlich, dass man alles tun werde, „um ein ähnliches Szenario“ in Zukunft verhindern zu können. Die Barmherzigen Brüder würden sich jedoch zu einer „zeitgemäßen Behindertenarbeit bekennen, und es deshalb ablehnen, Menschen mit einer geistigen Behinderung der „totalen Überwachung“ preiszugeben und damit ihrer Privatsphäre zu berauben. „Wir werden daher mit einem unvermeidbaren ‚Restrisiko‘ leben müssen“, so die Ordensleitung.
Den am Einsatz beteiligten Rettungskräften und Mitarbeitern dankte der Orden. Sie hätten mit „großen Einsatz und beherzt“ die Bewohner in Sicherheit gebracht und den Brand bekämpft.